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Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 14:03

Unversehrte Heilige

Ich habe die Suchfunktion schon bemueht, aber zu diesem Thema keinen eigenen Thread gefunden, nur gelegentlich spezielle Threads, die es ankratzten. Angeregt durch eine heftige Diskussion moechte ich das Thema nun insgesamt und allgemein ansprechen.

Das bekannteste Beispiel fuer eine sogenannte unversehrte Heilige, also eine heiliggesprochene Person, deren Koerper nicht verfaellt, duerfte Bernadette Soubirous sein, jene Frau, die die Heilquelle von Lourdes nach Visionen von der Jungfrau Maria ausgegraben hat.

In dem Zusammenhang interessieren mich nicht nur moegliche Erklaerungen fuer dieses Phaenomen (dazu hab ich schon selbst meine Theorien, die ich aber an diesem Punkt noch nicht vorwegnehmen moechte), sondern hauptsaechlich auch Meinungen.

Wie wird dieses Phaenomen von euch wahrgenommen, was wisst ihr darueber, was stellt ihr euch unter einem unversehrten Heiligen vor, was assoziiert ihr spontan damit?
Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 14:35

In der katholischen Kirche gilt die Unversehrtheit der Leiche, bzw. deren Nichtverwesung als Zeichen der Heiligkeit. Man sagt, das durch die besondere Gabe der Person die Leiche eben nicht verwest. Dies stammt im wesentlichen aus dem mittelalterlichen Weltbild, wo Mumien als etwas besonderes galten.
Hervorgerufen dadurch, das viele Kirchenfürsten eben nicht in der Erde, sondern in Gruften und trockenen Steinsarkophagen beerdigt wurden, die ein Austrocknen und damit Mumifizieren des Leichnams begünstigten. Außerdem wurden die Leichen mit Weihrauch abgerieben, von dem man weiß, das er eine antibakterielle Wirkung hat und so den natürlichen Bakterienbefall ebenfalls unterband. Wenn man nun nach einem Jahr die Leiche besichtigte, so stellte man fest, das der Leichnam eben nur ausgetrocknet war und nicht anfing zu verwesen. Dies erklärte man sich dann durch die besondere Heiligkeit der Person, weil es damals noch an den naturwissenschaftlichen Hintergründen mangelte.
Also quasi eine Ersatzerklärung.
Dazu kommt, das viele Gruften auch noch gut durchlüftet waren, so das sie zusätzlich für eine Austrocknung sorgten.
Silver



Ich zweifele, also bin ich.

Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 14:39

Gleich meine erste Zusatzfrage:

Was glaubt ihr, wieviele Menschen ueberhaupt wissen, dass es sich bei dieser Unversehrtheit um eine Mumifikation handelt? Schaut man sich ein Bild von Bernadette Soubirous an, wirkt die ja nun nicht gerade wie eine Mumie!
Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 15:06

Aus dem Kopf und ohne Garantie auf Richtigkeit: Bernadette wurde mehrmals exhumiert; die Mär von der Unversehrtheit ihrer Leiche geht auf die erste Exhumierung zurück. Bei der zweiten hieß es nur noch, die Leiche sei in erstaunlich gutem Zustand, obwohl ihr Körper deutliche Verwesungsanzeichen zeigte. Das selbe Ergebnis erbrachte eine dritte Exhumierung. Dass sie heute noch so frisch aussieht, liegt daran, dass man ihr Gesicht nach der Ausstellung ihres Leichnams mit einer Wachsmaske bedeckte, um der Öffentlichkeit keine halbverweste Leiche präsentieren zu müssen. Bernadette ist also nicht unverwest, sondern verwest nur langsamer als andere Leichen - da die Fäulnis auf der Umwandlung organischer in anorganische Substanzen besteht, trägt jeder Vorgang, der diese chemischen Prozesse behindert, dazu bei, dass der Verwesungsvorgang langsamer abläuft. Das selbe geschieht bei jeder Mumifizierung. Ohne genaue Kenntnis der Bestattungsumstände zu haben, würde ich in diesem Fall davon ausgehen, dass die Umgebung der Leiche - die Beschaffenheit ihres Sarges oder des Bodens - dazu geführt hat, dass die bakterielle Zersetzung langsamer von statten ging und die Verwesung darum nicht im üblichen Tempo voranschritt. Möglich wäre zum Beispiel eine völlige Austrocknung des Körpers.
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Donnerstag, 8. April 2010, 15:10

Selbst bei der ersten Exhumierung zeigte Bernadette bereits deutliche Spuren von Verwesung. Ueber die Umstaende der Bestattung kann ich Dir genaueres sagen, sie wurde in einem verloeteten Bleisarg bestattet, und zwar in einer Gruft. Logisch, dass sie da nicht so schnell verwest als haette man sie in der Erde vergraben!

Die Frage ist aber, gibt es das Phaenomen der unversehrten Heiligen ueberhaupt, wie es allgemein von der breiten Oeffentlichkeit verstanden wird? Sind die Pilger sich dessen bewusst, dass da keine Leiche liegt, die noch so frisch wie am ersten Tag aussieht, sondern dass Wachsmasken nur diesen Eindruck erwecken?

Allein der Begriff "unversehrt" oder "unverwest" ist, finde ich zumindest, in diesem Zusammenhang in hoechstem Masse irrefuehrend.
Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 15:19

Zitat

Ueber die Umstaende der Bestattung kann ich Dir genaueres sagen, sie wurde in einem verloeteten Bleisarg bestattet, und zwar in einer Gruft. Logisch, dass sie da nicht so schnell verwest als haette man sie in der Erde vergraben!

Danke für die Info, das erklärt natürlich einiges.

Zitat

Sind die Pilger sich dessen bewusst, dass da keine Leiche liegt, die noch so frisch wie am ersten Tag aussieht, sondern dass Wachsmasken nur diesen Eindruck erwecken?

Die meisten dürften es nicht wissen, und selbst wenn, wird es nichts an ihrer Meinung ändern. Das Phänomen, dass manche Leichen langsamer verwesen, beschränkt sich ja nicht nur auf Bernadette, und der Mythos der unversehrten Heiligen ergibt sich in den seltensten Fällen aus der persönlichen Anschauung der Leichen. Hier setzen eher typische Mythisierungseffekte ein, bei denen eine Geschichte von Person zu Person weitergegeben wird, ohne dass die Hintergründe überprüft werden. Es gelte als "allgemein bekannt", dass es Heilige gibt, die langsamer oder gar nicht verwesen, und es gebe "einige Untersuchungen", die das bestätigen. Tiefer dürfte die Beschäftigung mit dem Phänomen nicht reichen, und wenn doch - dann reicht bereits die langsamere Verwesung als Grund aus, göttliches Wirken zu vermuten. Religiöse sind in dieser Hinsicht glatt wie ein Aal und schlüpfen gerne durch jedes Schlupfloch, egal ob die Fakten dagegen sprechen oder nicht. Es ist wie bei allen anderen Mythen: wenn vier Flugzeuge in Formation über den Himmel fliegen, dann wird trotzdem in den Büchern behauptet, es sei ein einziges Raumschiff mit vier Lichtern gewesen. Irgendwann wird sowas zum Hintergrundwissen und wird gar nicht mehr überprüft. Der Mythos hat sich dann bereits verfestigt und ist kaum noch aus den Köpfen zu bekommen.
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Donnerstag, 8. April 2010, 18:49

Hierzu einige Links über unversehrte Mumien.

Eine Seite für Gläubige auf der eine ganze Menge angeblich unversehrter Heiliger gezeigt werden ( Fotos ):

Christliche Heilige

Ein gut erhaltener Mönch:

Mönch

Aus deutschen Landen :

Christian_Friedrich_von_Kahlbutz

Skeptischer Artikel zum Thema :

Skeptiker

Die angeblich besterhaltenste Mumie der Welt ( China )

Marquise_von_Dai

Und hier was Wikipedia zur Chinalady sagt:

Wiki

Viel Spass
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Donnerstag, 8. April 2010, 19:50

Huhu,

Zitat

Die Frage ist aber, gibt es das Phaenomen der unversehrten Heiligen
ueberhaupt, wie es allgemein von der breiten Oeffentlichkeit verstanden
wird?
also meiner Meinung nach gibt es das nicht. Für mich sind das auch stinknormale Mumien, die in meinem Augen alles andere als frisch aussehen. Gutes Bespiel dafür ist Nobbys erster Link. Wenn man da ein wenig runterscrollt kommen da Mumien, wo ich mich frage, wie die Leute da überhaupt drauf kommen, die immer noch als unversehrt zu bezeichnen.^^
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass nicht nur bei Bernadette mit Wachs oder Ähnlichem nachgeholfen wurde, sondern auch bei einigen anderen. Einige Mumien/Körper in dem Link sehen auch so verdächtig künstlich aus.

Ich denke, die meisten Gläubigen wollen es einfach nur nicht wahrhaben, dass ihre Heiligen auch verwesen.

Viele Grüße

Tina

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Donnerstag, 8. April 2010, 20:56

Bei dem ersten Link gibt es definitiv nur zwei Arten von Heiligen: Mumien und solche mit Wachsmasken, der eine oder andere ist vielleicht von vornherein einbalsamiert und so praepariert, dass er nicht verwest.

Besonders interessant finde ich auf der Seite, dass bei Padre Pio nur die Haende und Fuesse erwaehnt werden. Er ist naemlich auch einer von den Heiligen, bei denen die Kirche gar keinen Hehl daraus macht, dass er eine Wachsmaske traegt. Auf der Seite wird jedoch nicht erwaehnt, dass sein Kopf teilweise skelettiert ist!
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Donnerstag, 8. April 2010, 23:51

Den Kahlbutz kenne ich (natürlich nicht zu Lebzeiten ;) )
Aber der ist wirklich nur eine alte Hutzel.
Wachsmasken tun Wunder.
Habe an anderer Stelle auf den restaurierten Lenin hingewiesen.
Auch wenn er nicht katholisch war, so hat er zumindest Karriere als politische Mumie gemacht.

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